- Jugendarbeit in steirischen Gemeinden / Artikel von Mag. Christine Schwetz und Dr. Michael Schaller; erschienen in Zukunftswege 2/2004, Juli 2004

"Die Jugend ist die Zukunft der Gemeinde" - kaum ein Bürgermeister ist nicht von dieser Aussage überzeugt. Der Dialog mit den Jugendlichen scheint oft schwer zu sein. Sehr viele stellen sich die Frage, was kann man konkret tun kann, um Jugendliche in der Gemeinde einzubinden? Jugendbeteiligung ist ein Weg, mit Jugendlichen einen aufbauenden Dialog zu führen.

In der Steiermark gibt es 543 Gemeinden und kaum ein Bürgermeister ist nicht davon überzeugt, dass mehr für die Jugend getan werden sollte und Maßnahmen getroffen werden sollten, damit sich die Jugendlichen in der Gemeinde wohl fühlen. Die meisten Gemeindepolitiker wissen aber nicht, wie sie es angehen sollen, um Jugendliche in die Entscheidungen und in das Leben der Gemeinde einzubinden. Eine der Möglichkeiten ist das Prinzip der Jugendbeteiligung, bei dem Jugendliche ihre Bedürfnisse artikulieren und an der Gestaltung der Projekte mitwirken, die sie betreffen. Die Modelle der Jugendbeteiligung sind vielfältig. Sie reichen von der projektbezogenen Form, wo Jugendliche beispielsweise in die Gestaltung eines Sportplatzes einbezogen werden, über die offenen Formen, in denen Jugendliche beispielsweise ihre Meinungen mitteilen (Jugendstammtisch, Jugendstudie etc.) bis hin zu den parlamentarischen Formen der Jugendbeteiligung, wozu ein Kinder- oder Jugendgemeinderat gehört.

 

Professionelle Jugendbegleitung

Es gibt in der Steiermark einige wenige Organisationen, die sich intensiv mit der Frage der Jugendbeteiligung auseinandersetzen. Sie unterstützen die Gemeinden dabei, wenn Jugendliche eingebunden werden sollen. "yougend.st - Verein zur Förderung der Jugendbeteiligung in der Steiermark" ist eine dieser Organisationen, die sich ganz der Mitsprache von Jugendlichen verschrieben hat. yougend.st ist überparteilich, wurde von LR Hermann Schützenhöfer in seiner Funktion als Jugendlandesrat initiiert und gehört nun zum Ressort von Schul- und Jugendlandesrätin Mag. Kri stina Edlinger-Ploder und erhält eine starke Unterstützung vom Landesjugendreferat. yougend.st wurde im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen 2005 gegründet, bei denen 16-jährige Jugendliche erstmals die Möglichkeit haben, ihre Gemeindevertretung zu wählen. yougend.st hilft den Gemeinden, Jugendbeteiligungsprojekte zu initiieren, und geht dabei in mehreren Phasen vor. Zu Beginn steht die Vorbereitungsphase, danach folgen der runde Tisch mit Vertretern von Jugendorganisationen, der Startworkshop mit den Jugendlichen und schließlich die Umsetzung der Beschlüsse.

Zu Beginn der Vorbereitungsphase steht meist der Beschluß des Gemeinderates, einen Jugendbeteiligungsprozess durchzuführen und yougend.st beizuziehen. Nach den Vorbesprechungen mit dem Bürgermeister und den Jugendverantwortlichen der Gemeinde lädt der Bürgermeister gemeinsam mit yougend.st die Gruppen bzw. Personen zu einem Runden Tisch ein, die einen engen Kontakt zu Jugendlichen haben: das sind Vertreter der Pfarrjugend, der Landjugend, der Feuerwehr, der politischen Jugendorganisationen, aber beispielsweise auch die Vertreter von Sportvereinen mit einem hohen Jugendanteil. Bei diesem runden Tisch wird eine Bestandsaufnahme gemacht, die aus Sicht der Erwachsenen die Situation von Jugendlichen in der Gemeinde beschreibt: welche Jugendgruppen sind in der Gemeinde, was machen Jugendliche in ihrer Freizeit, welche speziellen Probleme gibt es, welche Formen der Jugendbeteiligung könnte es geben, welche Themen betreffen die Jugendlichen - aus der Sicht der Erwachsenen - am meisten? Als Ergebnis des Runden Tisches besteht Klarheit über die weitere Struktur des Beteiligungsprozesses: wann der Startworkshop mit den Jugendlichen stattfindet, wer die Jugendlichen zu diesem Termin einlädt und ihnen als Auskunftsperson zu Verfügung steht, wie die Einladung an die Jugendlichen ausgesprochen wird und welche Themen dabei aus der Sicht der Erwachsenen artikuliert werden.

 

Wenn ich Bürgermeister wäre, würde ich...

Der sogenannte Startworkshop stellt die nächste Stufe des Prozesses dar. Zu diesen Veranstaltungen, die in der Regel samstagnachmittags stattfinden, werden alle Jugendlichen der Gemeinde in einem bestimmten Alterssegment (meistens dreizehn bis achtzehn Jahre) von der Gemeinde mit Unterstützung von yougend.st eingeladen. Nach der Begrüßung durch den Bürgermeister und das Vorbereitungsteam artikulieren die Jugendlichen in einer spielerischen Art und Weise ihre Wünsche für die Gemeinde (z.B.: "Wenn ich Bürgermeister wäre, dann würde ich...."). Gemeinsam werden die wichtigsten Themen ausgewählt und in Gruppen hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile, der notwendigen Umsetzungsschritte und der Realisierbarkeit untersucht.

Nach einer ausführlichen Diskussion im Plenum werden die Vorschläge überarbeitet und am Ende des Tages dem nun anwesenden Bürgermeister und den Vertretern von Gemeinderat, Jugendgruppen und Verbänden präsentiert. Bei dieser Präsentation gibt es immer wieder große Aha-Erlebnisse: die Jugendlichen sind erstaunt darüber, dass Ihnen die Erwachsenen zuhören und sie mit ihren Wünschen ernst nehmen, dass sie respektiert werden und ihre Vorschläge nicht als unrealistisch vom Tisch gewischt werden. Aber auch die Gemeindevertreter staunen: die Jugendlichen haben konkrete Vorstellungen, die in der Regel sehr realistisch sind und oft ohne großen Aufwand umgesetzt werden können. Vor allem aber sind sie bereit, bei der Realisierung selbst Hand anzulegen, die Projekte zu IHREN Projekten zu machen und damit ihr Lebensumfeld zu gestalten. Am Ende eines intensiven Tages ist die Grundlage für den weiteren Prozeß des Miteinander gelegt.

Das wichtigste Ergebnis des Startworkshops ist die Klarheit über die Projekte, die gemeinsam begonnen werden und über die Verantwortlichen für die Umsetzung. Die Palette an Ergebnissen reicht dabei von der Planung eines Jugendtreffs über die Gestaltung einer Jugendseite in der Gemeindezeitung, die Durchführung eines Jugendsporttages bis hin zur Einsetzung eines Jugendgemeinderates, durch den die Interessen der Jugendlichen kontinuierlich erfaßt und in die Gemeindearbeit eingebunden werden. Nach dem Startworkshop geht es dann in die Umsetzungsphase, die je nach Art und Umfang der beschlossenen Projekte zwischen wenigen Wochen und einigen Monaten dauern kann oder auch den Anfang einer kontinuierlichen Einbindung von Jugendlichen in die Arbeit der Gemeinde darstellt.

Beteiligung.st unterstützt den Beteiligungsprozeß in mehrfacher Weise. Durch die Projektkoordinatorin wird die Gemeinde im Rahmen des Beteiligungsprozesses betreut und es werden die strukturellen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Beteiligungsprozeß gelegt. Der Runde Tisch und der Startworkshop werden von erfahrenen yougend.st-Moderatoren moderiert, die die Voraussetzungen für gute Ergebnisse liefern. Auf Wunsch werden die Gemeinden auch nach dem Startworkshop von yougend.st betreut. Das Land Steiermark fördert diesen Prozeß unter anderem durch einen Betreuungsscheck in der Höhe von € 1.000,--, mit dem der Start der Beteiligungsprozesse erleichtert wird.

 

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