- Geschäftsführer der Landentwicklung Steiermark

Die Landentwicklung Steiermark wurde 2006 als Nachfolgeorganisation der Ökologischen Landentwicklung ÖLE und der Integrierten ländlichen Entwicklung ILE gegründet. Der gebürtige Tiroler Christian Gummerer war Geschäftsführer der ÖLE und übt diese Funktion auch in der Landentwicklung Steiermark aus.

Lange Zeit verband man mit dem Begriff „ländlicher Raum“ vor allem Krisenszenarien, die Abwanderung von Unternehmen und Bevölkerung und Perspektivenlosigkeit. Trotz des weltweiten Anwachsens der Ballungszentren hat sich im Denken der Menschen eine Umkehr ergeben.

Mit der Landentwicklung Steiermark gibt es in der Steiermark eine Einrichtung, die sich um die Entwicklung des ländlichen Raumes bemüht. Ihr Geschäftsführer Christian Gummerer definiert den Auftrag seiner Organisation so: „Die Landentwicklung Steiermark ist für die Begleitung und Umsetzung von integrierten, sektorübergreifenden Projektinitiativen ins Leben gerufen worden. Sie steht für Bürgerbeteiligungsprozesse, für integrierte, nachhaltige Pro­jektinitiativen und für die Entwicklung von Projekten.“

Die Landentwicklung Steiermark begleitet so genannte Lokale Agenda 21 Prozesse in Gemeinden, die auf die Weltumweltkonferenz 1992 in Rio de Janeiro zurückgehen. Nach einem Gemeinderatsbeschluss wird der Agendaprozess gestartet. Gummerer dazu: „In der Regel wird mit dem Gemeindevorstand, einigen Gemeinderäten und wichtigen Menschen aus der Gemeinde zu Beginn eine Stärken-Schwächen-Analyse der Gemeinde erstellt. Wir versuchen herauszufiltern, wo es Potentiale gibt und stellen diese Ergebnisse in einer Bürgerversammlung den Bürgerinnen und Bürgern vor. Aus der Diskussion entwickeln sich Arbeitsgruppen zu Themen wie Jugend, Landwirtschaft, Wirtschaft oder auch zur Generationenfrage. Es werden Projekte erarbeitet und letztendlich ein ganzheitlicher Aktionsplan, der von der Gemeinde als Lenkungs- und Führungsinstrument beschlossen wird. Gemeinden, die sich auf einen solchen Aktionsplan einlassen, sind im Sinne des Landes Steiermark ausgezeichnete LA21 Gemeinden, von denen es in der Steiermark bereits 140 gibt.“

Die Landentwicklung Steiermark begleitet Gemeinden bei solchen Beteiligungsprozessen. Zu ihren Aufgaben gehört aber auch die Aufbereitung guter Projektideen, damit sie durch zusätzliche Fördermittel professionell umgesetzt werden können. Typische Projekte gehen von der Neuges­taltung eines Kinderspielplatzes über Maßnahmen zur Ortserneueru ng, der Errichtung von Wanderwege bis hin zu sektorübergrei­fende Initiativen im landwirtschaftlichen Bereich, durch die landwirtschaftliche Produkte beispielsweise in Thermen verkauft werden.

„Sehr wichtig ist aus meiner Sicht die Kleinteiligkeit. Bürger nehmen Projekte nur dann in Angriff, wenn sie überschaubar und noch hebbar sind. Das ist auch ein Motto der lokalen Agenda 21, dass Projekte entste­hen, die kleinerer Natur sind“, führt Christian Gummerer aus.

Eine Herausforderung stellt für Gummerer die Tatsachte dar, dass der Anteil an Regionalwirtschaft auf 25% geschrumpft ist. Diesen Trend gilt es umzudrehen, damit die regio­nale Wertschöpfung wieder einen ausgewogenen Anteil im Vergleich mit der globalen Wertschöpfung einnimmt. „Das setzt die Bewusstseinsbildung bei uns allen voraus. Durch das tägliche Handeln, durch unseren Einkauf, durch die Entscheidungen, die wir täglich treffen und natürlich durch unser Konsumverhalten beeinflussen wir Wirtschaftsbereiche. Wir tragen vielleicht auch dazu bei, dass die Nahversorgung in unserem Ort ein biss­chen abnimmt, dass es keine Lehrstelle gibt und und und...“. Mit dem „Zukunftsforum starker ländlicher Raum“ konnte ein Positionspapier erarbeitet werden, in dem sowohl Landwirtschafts­kammer wie auch Wirtschaftskammer ein Bekenntnis zur Stärkung und Steigerung der Regio­nalwirtschaft ablegten. „In den kommenden ein- bis zwei Jahren sind diese Dinge auf den Boden zu bringen und eine Trendwende einzuleiten,“ formuliert er die Herausforderung.

Ausgehend von der lokalen Agenda werden im Einklang mit RegioNEXT kleinregionale Agendaprozesse gestartet. „Gerade die Kleinregion deckt viele Bereiche unseres täglichen Handelns ab: die Wirtschaft agiert nicht lokal, sondern regional. Auch die Jugend ist nicht lokal, sondern kleinregional vernetzt. Hier besteht die große Chance, dass das einzeln vorhandene Kirchturmdenken in einem regionalen Kontext aufgelöst wird und Gemeinden vermehrt zusammenarbeiten“ führt Christian Gummerer aus. RegionNEXT setzt auf zwei Ebenen an. Zum einen auf der Ebene der Kleinregion, wo mehrere Gemeinden zusammen arbeiten. Das wird auch die Ebene sein, auf der sich die Landentwicklung Steiermark einbringt, weil Bürgerbeteiligung direkt leb- und fühlbar, für die Menschen greifbar ist. Zum anderen setzt RegioNEXT auf der Ebene von Regionen an, Gebieten wie der Oststeiermark oder dem Bezirk Liezen. „Diese Ebene ist für die Landentwicklung nicht die Ebene, auf der wir aktiv werden. Wir werden jedoch sehr stark in die Schnittstellenfindung eingebunden sein und mit dem Regionalmanagement eine enge Vernetzung pflegen, um einen engen Informations­fluss zu gewährleisten.“

Zu den positiven Erfahrungen der Agendaprozesse gehört für Gummerer, dass sie eine positive Grundstimmung schaffen, durch die Neues entstehen kann: „Die lokale Agenda ist nicht geeignet, ein Wirtschaftsproblem schlagartig zu lösen. Aber sie kann eine positive Grundstimmungen schaffen, auf der wieder etwas wachsen kann. Wenn sich in einer Region positives Denken breit macht, dann schwindet die Abwanderung. Es gibt Beispiele in der Steiermark, die nachweisen, dass positives Denken dazu führt, dass Menschen in den Orten bleiben. Diese Botschaft müssen wir hinaustragen. Wir müssen unsere Dinge selbst in die Hand nehmen und dürfen nicht auf den großen Onkel aus Amerika warten, der als Investor unsere Probleme löst! Es geht darum, unsere eigenen Potentiale hervorzukehren, unsere Kreativi­tät anzuwenden, wachsen zu lassen und diese Potentiale zu stärken!“

Nachhaltigkeit bedeutet für Gummerer, dass wir unser Handeln in einem größeren Kontext sehen: „Wir müssen versuchen, mit unseren Ressourcen so zu haushalten, dass auch zukünftige Generationen mit ihnen haushalten und wirtschaften können. In unseren Orten müssen wir heute darüber nachdenken, was wir mit unseren alten Menschen machen. Gehen wir weiter den Weg von Bezirksaltenheimen oder gehen wir zu einer bedürfnisorientierten Pflege in örtlichen Strukturen, in Familienverbänden über? Das Gleiche gilt für Kinder und Jugendliche in Ausbildungsplätzen, in Lehrberufen. Das ist letztendlich das, was wir auf einer kleinregionalen Ebene sehr gut lösen können, ohne dass es zu „Abschiebeprozessen“ kommt. Für mich persönlich bedeutet nachhaltig leben, dass ein jeder von uns etwas entscheiden kann, dass ein jeder in seinem Kaufverhalten, in seinem Urlaubsverhalten Einfluss nimmt. Das heißt nicht, dass man niemals mehr ans Meer fahren darf oder niemals wieder ein Coca-Cola trinken darf. Aber letztendlich man kann über das eigenes Verhalten sehr viele Dinge steuern!“

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