- Apotheker

Die Mohren-Apotheke am Südtiroler Platz ist eine von rund einem Dutzend Apotheken im Zentrum von Graz, die alle zu Fuß in wenigen Minuten erreichbar sind. Auf den ersten Blick ist sie eine Apotheke wie jede andere, wenn man sie betritt, erkennt man den ersten großen Unterschied: seit der Renovierung im Jahr 2003 ist sie barrierefrei, d.h. man hat sich auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen eingestellt:

 

  • Für blinde Menschen und Sehbehinderte bedeutet dies beispielsweise, dass es akustische Signale beim Eingang gibt und im Verkaufsraum stark kontrastierende Farben gewählt wurden. Braillebeschriftung befindet sich auf den Vitrinen im Verkaufsraum und die Medikamente werden mit den Einnahmevorschriften in Brailleschrift beschriftet. Außerdem gibt es Beipacktexte als Audio-CDs oder MP3-Files zum Mitnehmen.
  • In die Apotheke gelangt man ohne Stufe und die Tür öffnet und schließt sich automatisch – dies ist nicht nur für Rollstullfahrer ein Vorteil, sondern beispielsweise auch für Mütter mit Kinderwagen.
  • Für Menschen mit Hörgerät ist eine Induktionsanlage eingerichtet worden, wodurch auch bei starkem Andrang eine störungsfreie Kommunikation möglich ist. Außerdem beherrschen die Mitarbeiter die Gebärdensprache und können so mit ihren Kunden kommunizieren.
  • Ein Bereich, der "work-in-progress" darstellt, ist die Kommunikation mit Menschen mit Lernbehinderung bzw. strukturellem Analphabetismus.

Verantwortlich für die Einstellung auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen ist Mag. Christian Müller, Chef der Mohrenapotheke: "Die Idee geht auf meine eigene Geschichte und die Geschichte meiner Frau zurück. Wir haben seit unserer Jugend immer mit Menschen mit Behinderung zu tun gehabt. Das hat mit meinem Zivildienst begonnen und mit der Ausbildung meiner Frau zur Sonderkindergärtnerin. Im Moment betreuen wir eine Theatergruppe für Schauspieler mit und ohne Behinderung und daher war es für uns klar, dass wir unsere berufliche Umgebung so gestalten, dass Menschen mit Behinderung zumindest im Bereich der Apotheke selbständig ihr Leben meistern können." Auch wenn dies für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein neues Thema war, sind sie mit großem Interesse darauf zugegangen. Sie haben Freude daran, diese Hilfestellungen auch anwenden zu können, weil sie sehen, wie gerne sie angenommen werden.

Liegt der Umbau auf Barrierefreiheit noch nicht so lange zurück, kann man im Bereich der Bio-Arzneimittel bereits auf längere Erfahrungen zu rückgreifen. Bereits 1997 wurde die Idee geboren, Arzneimittel aus kontrolliert biologischem Anbau anzubieten. Dabei stand aber auch der Aspekt im Vordergrund, faire Preise für die Bauern zu erhalten. Auch hier gab es für Mag. Müller persönliche Gründe: "Wir selbst schauen seit langer Zeit, dass unsere Lebensmittel aus kontrolliert-biologischem Anbau stammen. Da war es dann logisch, dass wir auch im Bereich der Heilkräuter kontrolliert biologische Ware bekommen wollten." Die ersten Schritte waren die Kontaktaufnahme mit der Bio Ernte und interessierten Bauern, dem folgten Seminare für potentielle Interessenten und der erste Versuchsanbau. In der Apotheke wurde ein eigenes Untersuchungslabor errichtet, das durch die Austria-Bio-Garantie zertifiziert wurde und es dauerte dann noch bis Dezember 2000, bis die ersten Bio-Produkte im Regal standen. Seit damals ist die Mohren-Apotheke die erste und bisher einzige biozertifizierte Apotheke Österreichs.

Der Weg bis dahin war aber recht steinig: einige Bauern, die interessiert waren, sind abgefallen und auch die Überlegung, dass es ein regionales Projekt sein sollte, ist nicht ganz aufgegangen. Mag. Müller dazu: "Wir mussten erkennen, dass der Bezug der Kräuter aus der Region nicht so leicht möglich war, wie wir uns das erträumt haben - die Ware kommt aus ganz Österreich. Aber wir schauen, dass es zumindest Österreich ist und nicht die ganze Welt. Kontrolliert-biologisch bedeutet für uns ja auch, dass die Transportwege möglichst gering sein sollen." Mit den Arzneimitteln aus kontrolliert-biologischem Anbau setzte Mag. Müller einen mutigen Innovationsschritt: "Diese Produkte hat es in der Erwartungshaltung der Kunden gar nicht gegeben. Es hat zwei bis drei Jahre gedauert, bis es sich herumgesprochen hat, dass es diese Produkte bei uns gibt. Mittlerweile kommen sehr viele Kunden gerade deswegen zu uns, weil sie die Qualität der Kräuter und dieser Produkte schätzen!"

Mag. Müller formuliert für sich die Nachhaltigkeit in Anlehnung an den Gründer der weltweiten Pfadfinderbewegung: "Paden-Powell hat gesagt: "Lasse die Welt ein Stückchen besser zurück, als Du sie vorgefunden hast." Der Slogan, hinter mir die Sintflut, ist wohl sehr kurz gedachter. Wir müssen darauf schauen, dass wir von dieser Erde wieder als Person verschwinden, ohne dass alles verwüstet und alle Ressourcen aufgebraucht sind. Wir haben Kinder und wir wollen, dass sie genau so gut leben können, wie wir leben konnten."

Für ihre Innovationsfreude wurde die Mohren-Apotheke bereits zweimal mit dem Herba-Chemosan-Preis ausgezeichnet. Beim TRIGOS-Preis 2004 gehörte die Mohren-Apotheke mit der Nominierung zu der kleinen Gruppen von Unternehmen, die ihre Verantwortung für die Gesellschaft besonders beispielhaft wahrnehmen.

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