Die Ansprachen wurden für die Katholische Männerbewegung Steiermark im Rahmen von Gottesdiensten in der Pfarrkirche Ehrenhausen und in der Pfarrkirche Lassnitzhöhe gehalten

 

Liebe Schwestern und Brüder in Christus!

Am heutigen vierten Adventsonntag wird in vielen Kirchen in ganz Österreich für die Aktion "Bruder und Schwester in Not - Sei so Frei" gesammelt, die jedes Jahr von der Katholischen Männerbewegung durchgeführt wird. Die heurige Sammelaktion steht unter dem Motto "fair handeln" und zeigt damit eine Möglichkeit auf, wie jeder und jede von uns zu einer gerechteren Welt beitragen kann.

Wenn wir auf das vergangene Jahr zurückblicken, dann bleiben uns Katastrophenbilder in Erinnerung: Bilder vom Tsunami in Südostasien, der hunderttausenden Menschen das Leben gekostet hat; Bilder vom Hurrikan Kathrina, der den Süden der USA verwüstet hat und Bilder vom Erdbeben in Pakistan vor wenigen Wochen, das tausende Opfer gefordert hat und im Winter noch weitere Opfer fordern wird. Schreckensbilder von diesen drei Ereignissen wurden uns über Tage und Wochen ins Haus geliefert, wir konnten diese Katastrophen hautnah aus dem trockenen Wohnzimmer miterleben.

Es gibt aber auch Katastrophen in der Welt, die kaum Beachtung finden, die es nicht in die Medien schaffen und uns ein paar Tage oder Wochen aufrütteln. Es sind die alltäglichen Katastrophen, unter denen Menschen in Lateinamerika, Afrika und Asien zu leiden haben. Es sind Unterernährung und Hunger, krank machendes Wasser, vermeidbare Krankheiten, fehlende Arbeit. Alles Probleme, die mit den sogenannten "Strukturen der Sünde" zu tun haben, von denen Papst Johannes Paul II so oft gesprochen hat. Strukturen der Sünde, weil aufgrund des auseinanderklaffenden Wohlstandes und der Eigeninteressen der Mächtigen die Armen oft gar keine Chance haben, ihr Leben selbst zu gestalten und aus der Not heraus zu kommen.

Diese Katastrophen geraten nur selten in das Licht der Öffentlichkeit, weil sie alltäglich sind und weil sie uns daran erinnern würden, dass hier etwas getan werden könnte, nicht einmal, sondern öfter – Hilfe als Dauerauftrag sozusagen! Und weil sie uns daran erinnern, dass auch wir an ihrem Weiterbestehen Schuld tragen.

Bei Katastrophen dieser Art sind es vor allem Entwicklungshilfeorganisation, die helfen, auch wenn sie von der Öffentlichkeit nicht besonders beachtet werden. Die Katholische Männerbewegung mit ihrer Aktion "Bruder und Schwester in Not – Sei so Frei" gehört dazu, ebenso die Dreikönigsaktion der Jungschar, die Auslandshilfe der Caritas oder der Familienfasttag der Frauenbewegung. Sie helfen den Menschen in Lateinamerika, Afrika oder Asien auch dann, wenn keine Fernsehkameras dabei sind. Und sie helfen ihnen oft über Jahre, bis sie selbst in der Lage sind, ihre Situation zu verbessern.

Die Katholische Männerbewegung konnte mit den Geld, das jedes Jahr um diese Zeit gesammelt wird, in der Zwischenzeit 120 Projekte in 21 Ländern rund um die Erde unterstützen. Die KMB unterstützt aber nicht nur Projekte, sie zeichnet mit ihrem Erzbischof-Romero-Preis jedes Jahr Personen aus, die sich unter Einsatz ihres Lebens für andere Menschen einsetzen, die dafür kämpfen, dass Menschen in den Ländern des Südens eine Chance haben, ihr Leben selbst zu gestalten.

Erzbischof Romero war Bischof in El Salvador, einem kleinen Land in Zentralamerika, das ich auf meinen Projektreisen in den letzten zwanzig Jahren sehr oft besuchen durfte. Als Priester war Romero nicht besonders auffällig, als er aber Bischof wurde, passierte etwas mit ihm. Er konnte die Ungerechtigkeit in seinem Land, die Verletzung der Menschenrechte durch die Todesschwadronen des Militärs, den Hunger und die Not nicht mehr ansehen. Er begann, diese Ungerechtigkeiten in seinen Predigten aufzuzeigen und anzuprangern, und er forderte von der Regierung seines Landes Aufklärung über die Geschehnisse und ein Ende der Untaten. Er war unbequem und er wurde ermordet, weil er diese Strukturen der Sünde aufzeigte.

Mit dem Erzbischof Romero Preis wurde vor wenigen Wochen der steirische Priester Günter Zgubic für sein bald zwanzigjähriges Engagement in in Brasilien ausgezeichnet. Ich lernte Günther Zgubic zwanzig Jahren kennen. Damals war er noch Kaplan in Weiz und bereitete sich für den Wechsel nach Brasilien vor. Vor fünfzehn Jahren durfte ich ihn in seiner damaligen Pfarre am Rande Saó Paulos besuchen. Die Menschen, mit denen er arbeitete, lebten zum Teil in einfachen Blechhütten in einer Gegend, die wir als Mitteleuropäer mit den Begriffen Elendsviertel, Slums oder Favelas bezeichnen würden. Das Viertel um seine Pfarre strotzte von Gewalt und Günther Zgubic erzählte uns bei unserem Spaziergang, was alles passierte: wo es eine Schießerei gegeben hatte, wo Jugendliche einander Straßenschlachten lieferten und wo Menschen grausam und sinnlos umgebracht wurden. Doch selbst dieses Leben war Günther Zgubic noch zu bequem. Als er der Frage nachging, was mit den Menschen passierte, die spurlos verschwanden, die von der Polizei festgehalten und gefoltert wurden, da gab es für ihn einen Wendepunkt seines Lebens. In einem Fernsehinterview, das vor wenigen Wochen ausgestrahlt wurde, erzählte er, dass ihm klar wurde, dass er sein Leben ändern und diesen Menschen helfen müsse, sonst würde er für den Rest seines Lebens an dem Auftrag vorbei gehen, den Gott ihm gegeben hatte.

Seit einigen Jahren kämpft er nun als Seelsorger für die Rechte der Menschen, die in den überfüllten Gefängnissen Brasiliens sitzen. Er bringt die Übergriffe der Wachebeamten ans Tageslicht und prangert die Folter an, der die Häftlinge immer wieder ausgesetzt sind. Pro Tag melden er und sein Team rund zwanzig Vergehen an das Justizministerium. Diese Arbeit verschafft ihm natürlich nicht nur Freunde: immer wieder erhält er Morddrohungen und in seinem Büro ist auch schon einmal eine Bombe explodiert. Mit der Verleihung des Romero Preises an Günter Zgubic zeichnet die Katholische Männerbewegung das Engagement dieses außergewöhnlichen Priesters aus. Diese Auszeichnung stellt aufgrund des internationalen Interesses an seiner Person auch etwas wie eine kleine Lebensversicherung dar.

Die heurige Sammelaktion steht unter dem Motto "fair handeln". Damit wird Geld für die Projektarbeit gesammelt, es wird aber auch aufgezeigt, dass Entwicklungshilfe mit jedem von uns zu tun hat. In den Weltläden, bei den pfarrlichen "3. Welt Bazars" und auch in vielen Lebensmittelgeschäften gibt es Produkte, die das FAIRTRADE Gütezeichen tragen. Sie wurden unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt: die Arbeiter und Kleinbauern erhalten Löhne, von denen sie ihre Familien ernähren können. Kinderarbeit ist ausgeschlossen und es wird Rücksicht auf die Umwelt genommen. Es gibt Kaffee, Kakao, Orangensaft, Gewürze, Reis, Schokolade und viele andere Produkte, die dieses Zeichen tragen. Sie kosten oftmals ein wenig mehr als billige Produkte, sie sind aber der Garant dafür, dass damit Entwicklung passiert, weil fairer Handel die effizienteste Form der Entwicklungshilfe ist.

Im Namen der Katholischen Männerbewegung und in meinem Namen darf ich Ihnen dafür danken, dass ich heute die Arbeit der KMB vorstellen und ich darf Sie um eine Spende für die Projektarbeit bitten. Es wird viel gesammelt in diesen Tagen und vielleicht ist es dem einen oder anderen bereits zuviel. Lassen Sie uns aber nicht vergessen, dass wir – auch wenn es bei uns Armut und Not gibt – in einem der reichsten Länder der Erde leben. Wir sollten immer wieder den Spruch Jesu Christi vor Augen haben, der gesagt hat: "Was Ihr dem geringsten meiner Brüder habt getan, das habt ihr mir getan!" Hilfe, wie sie die Katholische Männerbewegung über die Aktion Bruder in Not mit Ihrer Spende leisten kann, ist Hilfe am Nächsten, ist gelebte Solidarität und sie ist ein Beitrag zu einer gerechteren Welt!

Ich danke Ihnen schon jetzt für Ihren Beitrag und ich wünsche Ihnen noch eine schöne vorweihnachtliche Zeit. Lassen Sie sich durch die viele Werbung und Hektik nicht von der Botschaft der Heiligen Nacht ablenken - es ist die Botschaft von der Geburt Christi, von der Menschwerdung Gottes. Die Geburt fand in einem ärmlichen, bescheidenen Stall in Betlehem statt. Maria und Josef hatten nicht die Perspektive einer ruhigen, gesicherten Zukunft vor Augen, sondern Unsicherheit und Flucht. Wir sammeln heute für Menschen, denen dieses Bild vertrauter ist als die vorweihnachtliche Hektik und der Kaufrausch bei uns. Lassen Sie uns in diesen Tagen vor Weihnachten die Botschaft von Betlehem nicht in Vergessen-heit geraten und mit unserer Spende, aber auch mit der Entscheidung für fair gehandelte Produkte einen kleinen Beitrag zu einer gerechteren Welt leisten!

Spendenmöglichkeit
Spendenkonto "Aktion Sei so Frei"
PSK 2.400.110, BLZ 60.000


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