Karl Hager - erster Gentechnik-frei-Bäcker Österreichs

Active ImageKarl Hager produziert in seiner Bäckerei in Murau als erster Bäcker Österreichs 100% Gentechnik-freie Backwaren, die er im ganzen Murtal von Leoben bis Tamsweg vertreibt. Er gehört zu den Mitinitiatoren der Bioregion Murau und der Energievision Murau....

 

Kommt man zu Karl Hager nach Murau in die Mühle und Bäckerei, so fühlt man sich zuerst einmal ein wenig in die Vergangenheit versetzt. Ein jahrhunderte altes Gebäude, ein Lastenaufzug, der mehr als 130 Jahre alt ist und Getreidemühlen, die früher vielleicht mit Wasserkraft angetrieben wurden, nun aber den Strom aus dem hauseigenen Laufkraftwerk beziehen. Fängt Karl Hager aber erst einmal an, durch Mühle und Bäckerei zu führen und von der Kunst des Brotbackens zu erzählen, weiß man sofort, dass man es mit einem Menschen zu tun hat, der den Blick in die Zukunft gerichtet hat.

Die Naturbäckerei Hager ist die erste und bisher einzige Mühle und Bäckerei Österreichs, die völlig Gentechnik-frei arbeitet und das gesamte Warenangebot mit Gentechnik-freien Rohstoffen produziert. Dies bedeutet, dass vom Getreide über Hefe, Zucker, Ölsaaten, Topfen usw. nur Materialien verarbeitet werden, die als Gentechnik-frei zertifiziert sind. Da viele dieser Zutaten in konventioneller Her-stellung nicht mehr Gentechnik-frei erhältlich sind (z.B. Zucker, Topfen, Käse, Eier), bezieht er die Vorprodukte seiner Bäckerei von registrierten Biobetrieben oder von Lieferanten, die Gentechnik-Freiheit garantieren können.

Karl Hager wird leidenschaftlich, wenn er den Unterschied seines Brotes zu anderen Brotsorten beschreibt: "Wenn Sie irgendwo ein Brot essen, dann sind die Zutaten meistens fertige Backmischungen, die die Nahrungsmittelindustrie liefert. Dabei werden viele Zutaten verwendet, die aus der Gentechnik stammen: Enzyme, Emulgatoren und andere Stoffe kommen da hinein. Wir hingegen machen alle unsere Brotsorten mit einem Dampfl, wir setzen bereits Stunden vor dem Backen einen Sauerteig an. Neben den gentechnisch veränderten Zutaten stellen vor allem die Halbfertigprodukte, die man in den Supermärkten kaufen kann, Probleme für die Menschen dar. Sie enthalten oft noch Hefepilze und die Backwaren werden oft nur gerade soviel aufgebacken, dass sie gerade noch warm sind. Wenn diese Hefepilze in den Darm gelangen, dann vermehren sie sich und führen zu Gesundheitsproblemen. Hefeallergien, an denen viele Menschen in der Zwischenzeit leiden, kommen in erster Linie von diesen Backwaren."

Active ImageDen letzten Impuls, auf Gentechnik-freie Backwaren umzusteigen, erhielt Karl Hager 1997 durch das österreichische Gentechnikvolksbegehren, dass von mehr als 1,2 Millionen Menschen unterschrieben wurde. Bereits zuvor beschäftigte er sich intensiv mit Vollkorn-Produkten und Bioprodukten und als etwa zur gleichen Zeit eine Gesetzesnovelle erlassen wurde, durch die Backstationen in Supermärkten, Tankstellen etc. erlaubt wurden, stellte er sich intensiv die Frage über seine berufliche Zukunft: "Diese Novelle war ein sehr schwer wiegender Eingriff in die Fachkompetenz der Bäcker. Ich wollte nicht ein Handlanger der Lebensmittelindustrie sein und ich habe gesehen, dass unsere Zukunft in einer Spezialisierung liegt. Gentechnik war für mich zu dieser Zeit bereits ein massives Thema und bestärkt durch das Volksbegehren habe ich den Schritt in Richtung Spezialisierung gewagt!" erläutert Karl Hager seine Anfänge. Zu Beginn wurde er innerhalb seiner Zunft skeptisch und nicht unbedingt mit Wohlwollen behandelt, in der Zwischenzeit gibt es aber bereits mehr Kollegen, die auf Bioprodukte setzen.

Active ImageDie Nachfrage nach seinen achtzig bis hundert verschiedenen Produkten bestätigt die Richtigkeit des damaligen Schrittes. Karl Hager beliefert mehr oder weniger das ganze obere Murtal. In Supermärkten und in Bioläden von Tamsweg bis Leoben kann man seine Backwaren kaufen, über die Aktion "gesunde Jause " beliefert er auch Schulen. Selbst in Graz erhält man Produkte, die ein Lizenznehmer, die Bäckerei Wachmann aus Weiz erzeugt und in die steirische Landeshauptstadt liefert.

Über seinen Betrieb hinaus gehört Karl Hager zu den Vorkämpfern eines zukunftsfähigen Lebensstils. Gemeinsam mit anderen hat er die Bioregion Murau und die Energievision Murau initiiert. Bei der Bioregion geht es um ein neues Miteinander von verschiedenen Akteuren, die die hohe Lebensqualität im Bezirk Murau erhalten möchten. Landwirte wurden "ins Boot geholt" und so hat der Bezirk mit 25% Biobauern einen überdurch-schnittlichen hohen Anteil an Bauern, die im Einklang mit der Natur produzieren (österreichweit liegt der Anteil an Biobauern bei ca. 10%). Die Bioregion gilt in der Umsetzung in der Zwischenzeit als europäisches Vorzeigemodell, sie erhält Unterstützung von wissenschaftlichen Einrichtungen und von der öffentlichen Hand. Mit der Energievision Murau hat man sich das Ziel gesetzt, bis 2015 energieautark zu werden, d.h. Strom und Wärme mit den Ressourcen der Region zu erzeugen.

Active ImageEin ganze Reihe von Betrieben hat sich der Idee der Bioregion bereits angeschlossen. Dies ist aber noch zu wenig, wie Karl Hager ausführt: "Ich sehe unsere Aufgabe als Bioregion darin, in Zukunft immer mehr regionale Netzwerke von Firmen zu bilden, damit die Wertschöpfung bei uns in der Region bleibt. Da geht es um die Sicherung der Arbeitsplätze vor Ort und darum, die Abwanderung der Jugend hintan zu halten. Was hilft uns die schönste Gegend, wenn wir keine jungen Leute mehr haben? Und wir brauchen die Jugend, die da bleibt. Wenn die Jugend eine Zukunftsperspektive hat, dann können auch wir als Region in Zukunft bestehen. Wir brauchen aber auch einen florierenden Fremdenverkehr. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass das "Fundament" passt, dass es eine gepflegte Landschaft gibt, die Menschen das Auskommen haben und hier bleiben können."

Vor einigen Jahren hat Karl Hager mit seinem Unternehmen an einer betrieblichen Agenda 21 teilgenommen. "Für mich ist die Betriebliche Agenda 21 so etwas wie eine Selbstfindung gewesen," erläutert Karl Hager. "Das heißt, man hat sich selbst einmal als Unternehmen eingeordnet, man hat sich gefragt, wo steht man, wo will man in Zukunft hin und was will man eigentlich erreichen? Durch die betriebliche Agenda 21 ist mir wirklich bewußt geworden, in welche Richtung wir gehen müssen, um auch in Zukunft den Betrieb zu sichern. Und da ist dann eben die Entscheidung gefallen, ein Gentechnik-freier Betrieb zu werden und zusätzlich noch auf die Bioproduktlinie zu setzen."

Zu einer persönlichen Definition der Nachhaltigkeit befragt, führt Karl Hager aus: "Für mich ist die Nachhaltigkeit aufgeschlüsselt in die Bereiche Soziales, Ökonomie und Ökologie. Diese drei Gruppen muss man unterscheiden. Nachhaltigkeit in der Umwelt ist Schonung der Ressourcen, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit den Ressourcen. In der Ökonomie geht's um das langfristige Bestehen des Betriebes und um die Frage, wie ich den Standort sichern kann. Und im sozialen Bereich geht's darum, wie die Arbeitsplätze beschaffen sind, welche Leute nachkommen und wie das Wohn- und Lebensumfeld aussieht!"

Active ImageBild rechts: Dreharbeiten für die ORF Dokumentation "Handeln für die Zukunft - Projekte zur Nachhaltigkeit" in der Mühle von Karl Hager. Von links nach rechts: Kameramann Wolfgang Rauch, Karl Hager, Regisseur Mag. Helmut Schöffmann und Tontechniker Klaus Schwarzenberger. Die Ausstrahlung des Films erfolgte am 5. Mai 2005 um 17.05 Uhr in ORF 2!

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