- Radiomacher

Ing. Ferdinand Zisser ist der Geschäftsführer des Entwicklungsförderverbandes Hartberg, der der Träger des Regionalclusters Hartberg ist. Dieser Verein wird von den 50 Gemeinden des Bezirkes Hartberg gebildet, er unterstützt und fördert über die Gemeindegrenzen hinweg die Entwicklung des Bezirks. Es ist der erste Cluster dieser Art in Europa, ebenso Neuland betreten wurde mit dem Regionalradio, mit dem die Hartberger seit wenigen Monaten täglich mit den neuesten Meldungen aus dem Bezirk Hartberg versorgt werden.

Ein paar schwingungsvolle Takte Musik, eine flotte Anmoderation von einem der drei Mitarbeiter und die lokalen Schlagzeilen vom Tag hört man, wenn man Radio Hartberg im Internet anklickt. Der Motor bzw. eine der Stimmen dahinter ist Ing. Ferdinand Zisser, Geschäftsführer des Entwicklungsförderverbandes Hartberg.

„Wir möchten möglichst viele Menschen erreichen. Eine Bezirkszeitung wollten wir nie machen, Regionalfernsehen ist für uns fünf Schuhnummern zu groß und das Internet ist als Medium noch zu einseitig in eine Richtung ausgerichtet. Radio ist ein Massenmedium und wir haben uns umgeschaut, wie das anderswo funktioniert, aber wir haben nichts Vergleichbares gefunden“ erläutert Zisser, wieso es nun seit einigen Wochen das Radio Hartberg als Weiterentwicklung des Regionalclusters Hartberg gibt. Im Regionalcluster wurde die ersten fünf Jahre im Wesentlichen mit zwei Methoden gearbeitet, mit Arbeitsgruppen einerseits und mit großen Veranstaltungen andererseits. Die Arbeitsgruppen haben sich von Bezirksebene auf die Ebene der Kleinregionen verlagert – hier wollte man keine Konkurrenz aufbauen – und so fiel die Entscheidung, mit einem Regionalradio zu beginnen. Seit dem Start wird wochentags täglich eine Sendung mit Nachrichten aus dem Bezirk für den Bezirk produziert. Die Sendungen können über das Internet oder über Telefon gehört werden.

Das Radio ist ein „low budget Projekt“ mit derzeit drei Mitarbeitern und Reportern in den Gemeinden. Durch die Kleinräumigkeit sind die Nachrichten aktuell und es wird über das berichtet, was die Menschen interessiert. Nach der Startphase im Frühjahr 2007 soll das Programm ab Herbst 2007 ausgeweitet werden. „Wir wollen ab September massiv hinaus gehen und die Hörerschaft erweitern und damit letztendlich auch unsere Finanzierung absichern, die zur Zeit von den Gemeinden, von öffentlichen Förderungen und eben auch von Inseraten und Werbung gedeckt wird“ erläutert Zisser die unmittelbaren Ziele des Radios. „Die Reichweite unseres Radios ist theoretisch weltweit. Wir haben auch schon Rückmeldungen aus Australien gehabt, wo ein Praktikanten aus dem Hartberger Land auf Urlaub ist. Wir wollen damit auch für Gäste oder für Menschen Radio machen, die aus der Region fortgezogen sind!“

Im Gegensatz zu vielen anderen aus dem Bezirk Hartberg, die bis nach Graz oder Wien auspendeln müssen, hat Ferdinand Zisser die Möglichkeit, in seinem Heimatbezirk zu arbeiten und dadurch zur Entwicklung der Region beizutragen. Der Entwicklungsförderungsverein Hartberg ist Träger des Regionalclusters, einem europaweit einzigartigen Projekt. Die Idee dazu geht auf das Jahr 2002 zurück, als der regionale Tourismusverband aus dem Entwicklungsförderungsverband ausgegliedert wurde und man sich überlegte, in welche Richtung man weiter gehen sollte. „Unsere Überlegung war, dass das, was in der Wirtschaft gelingt, nämlich einen Cluster zu bilden, also eine lose Wolke von Personen und Akteuren, die sich instinktiv in die gleiche Richtung bewegen, dass dies doch auch für eine ländliche Region funktionieren sollte“ erzählt Zisser von den Anfängen des Regionalclusters. „Wir haben gesagt, wir bilden einen Cluster, der im Wesentlichen aus drei Gruppen besteht: aus den Unternehmern inklusive Landwirtschaft und Tourismus. Die zweite große Gruppe ist der öffentliche Bereich, das sind die Gemeinden, aber auch die Institutionen von Bund und Land, die in der Region aktiv sind und als dritter Gruppe die Konsumenten. Denn wenn wir wirklich wollen, dass sich die Region weiter entwickelt, dann müssen wir die Konsumenten einbinden und die Schranken, in denen sich diese Entwicklung bewegen sollte und bewegt, das ist die Nachhaltigkeit. Für uns gibt es nur eine Entwicklung, die richtig ist, das ist die Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit. Das ist im Wesentlichen der Cluster und in diesen Jahren haben wir mit den verschiedensten Methoden versucht, diese Ziele zu erreichen.“

Hinter diesem Prozess steht der Entwicklungsförderungsverband, ein gemeinnütziger Verein, den es seit 25 Jahren gibt und dessen Mitglieder alle 50 Gemeinden des Bezirkes Hartberg sind. Die Aufgabenstellung des Vereins ist seit 25 Jahren die gleiche, nämlich die Entwicklung des Bezirks über die Gemeindegrenzen hinweg zu unterstützen und zu fördern. „Ohne Entwicklungsförderungsverband gäbe es die Heiltherme Bad Waltersdorf nicht oder den Tourismusverband Oststeiermark, nach dessen Muster alle steirischen Tourismusregionen gestrickt worden sind“ ist Zisser stolz auf die Vorbildwirkung. Wirkungsgebiet ist der Bezirk Hartberg, denn es macht keinen Sinn, das Wirkungsgebiet größer zu machen. „Das Wesentliche in der Nachhaltigkeit ist ja, dass die Strecken kurz und die Leute nahe bei einander sind. Es gibt viele Aktivitäten auf der Ebene der einzelnen Gemeinde - das ist nicht unser Job. Die nächste Ebene ist für uns eben die gewachsene Ebene eines Bezirkes - das ist der Bereich, wo die Leute auch bereit sind, gemeinsam in eine Richtung zu gehen.“

Begleitet wird dieser Prozess vom österreichischen Institut für Nachhaltigkeit, zu zwei Regionen in Ostungarn und in Norddeutschland gibt es Kontakte, sie wollen einen Cluster nach dem Vorbild von Hartberg entwickeln.

Am Anfang des Prozesses stand eine Zukunftskonferenz, zu der sich alle Akteure zwei Tage lang zurückgezogen haben. Gemeinsam wurde an einem Szenario gearbeitet, mit dem zwanzig Jahre in die Zukunft geblickt werden sollte. Daraus wurden 36 Maßnahmen abgeleitet, die dann konkretisiert und mit dem Filter der Nachhaltigkeit geprüft wurden. „Wäre beispielsweise jemand auf die Idee gekommen, ein Ölkraftwerk zu bauen, wäre dieses Projekt ausgeschieden, weil es den Nachhaltigkeitskriterien nicht entspricht. Für mich war auch immer ganz wesentlich, dass eine nachhaltige Entwicklung nur dann passieren kann, wenn möglichst viele Personen aus allen Sparten und Ebenen in diesen Prozess eingebunden werden. Eine Prämisse unserer Aktivitäten war auch, nicht in einzelnen Branchen zu agieren, sondern branchenübergreifend. Daraus hat sich beispielsweise ergeben, dass eine Gruppe von elf Unternehmen auf der größten Baumesse Ungarns im vergangenen Jahr einen Gemeinschaftsstand hatte. Da waren Fensterproduzenten oder ein Planungsbüro ebenso vertreten wie eine Sicherheitstechnikfirma oder eine lokale Bank. Im Jahr 2003 hat sich auch eine Konsumentenplattform gebildet, die unabhängig vom Cluster läuft. Das sind Leute, die sich einmal im Monat treffen und die überlegen, was sie als Konsumenten dazu beitragen können, dass es unserer Region besser geht und gut geht“ erläutert Ferdinand Zisser das bisher Erreichte.

„Die Konsumenten haben Macht“ führt er weiter aus. „Auch wenn die Konsumentenplattform eine relativ kleine Gruppe von zehn, 15 bis maximal 20 Personen ist, die keine große Bewegung darstellt, so kann sie punktuell Dinge aufgreifen. Sie hat beispielsweise einen Nachhaltigkeitsschnelltest entwickelt, der bei Messen, Veranstaltungen oder großen Festen ausgeteilt wird und wo jeder anhand von acht Fragen mit je drei Antwortmöglichkeiten für sich selbst ermitteln kann, ob er im Hinblick auf das eigene Nachhaltigkeitsverhalten ein Bettler, ein Bürger oder schon ein König ist. Über diesen Bewusstseinsbildungsprozess kann man den Boden aufbereiten.“

Der Regionalcluster hat dazu beigetragen, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich mit nachhaltigem Gedankengut auseinandersetzen. „Wir merken das an der größer werdenden Zahl der Personen, die im Regionalcluster mitarbeiten, die zu unseren Veranstaltungen gehen oder die auf die Glossen reagiert haben, die wir ein Jahr lang gemeinsam mit der Hartberger Bezirkszeitung HBZ wöchentlich zum Thema Nachhaltigkeit geschaltet haben. Auch die Kleinregionen wie das Pöllauer Tal, das Wechsel-Land oder die Ökoregion Kaindorf haben mit ihren Aktivitäten viel von dem Gedankengut aufgenommen, das der Cluster in den letzten vier, fünf Jahren verbreitet hat.“

Auf die Frage nach dem persönlichen Zugang zur Nachhaltigkeit zitiert Ferdinand Zisser Prof. Grönemeyer aus Norddeutschland, der dazu aufgefordert hat, nach dem Guten im Menschen zu trachten: „Das sagt für mich viel aus. Es gibt immer Ausreden und Gründe, warum ich mich gegen die Umwelt, gegen die Menschen, gegen die Welt stellen kann. Aber wenn ich wirklich ehrlich zu mir selber bin und wirklich nach dem Guten des Menschen und damit auch nach dem Guten der Umwelt trachte, dann ist das für mich die mächtigste Aussage von Nachhaltigkeit. Generell gesehen ist im letzten Jahr sehr viel in Richtung Nachhaltigkeit in Bewegung gekommen. Die Angst, die wir noch vor drei Jahren gehabt haben, dass Nachhaltigkeit missbraucht wird und letzten Endes kein Fleisch am Knochen übrig bleibt, die ist deutlich zurück gegangen. Der Gesetzgeber und viele, viele Akteure haben sich des Themas angenommen und man merkt, dass etwas bewegt wird.“

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