Jean-Pierre Boris, Wilhelm Goldmann Verlag, München 2006; ISBN 3-442-15392-1

Der französische Wirtschaftspublizist Jean-Pierre Boris recherchiert sehr ausführlich und interessant die Handelsgeschichte von insgesamt fünf Primärrohstoffen: Kakao, Kaffee, Baumwolle, Reis und Pfeffer.

Unterschiedlich tief aber sehr detailliert geht er auf den Weg dieser Rohstoffe von den Bauern in den Ländern der “3. Welt“ bis zu den Konsumenten nach, erläutert auch politische Hintergründe (die allerdings sehr stark von seiner französischen Herkunft her geprägt sind) und zeigt auf, wie neben den Naturalwerten der Handel mit Papierwerten entstanden ist, d.h. wie durch Erwartungen auf die Preisentwicklung spekuliert und Geld gemacht wurde und wird. Sehr gut wird die Situation beschrieben, die sich durch die schnelle Entwicklung von Vietnam zu einem großen Exporteur von Rohstoffen ergeben hat, die dazu geführt hat, dass der Markt bei Kaffee und Pfeffer zu einem Verfall der Preise geführt hat. Von den rund 220 Seiten, die das Buch umfasst, widmet sich der Autor auf rund 200 Seiten dem unfairen Handel mit diesen Rohstoffen, bei denen primär eine Gruppe verdient, nämlich die Händler, Frächter und Finanzierungsinstitute. Auf der Strecke bleiben die Produzenten, Kleinbauern und Landarbeiter in Afrika, Asien und Lateinamerika, die oftmals mit weniger als einem US-Dollar pro Tag ums Überleben kämpfen.

Auf den verbleibenden 15 Seiten geht der Autor auf den Mythos vom fairen Handel ein und zeigt kritisch auf, dass der faire Handel nur einen minimalen Anteil am Handel überhaupt ausmacht, dass er nun auch für große Firmen und multinationale Unternehmen interessant wird, die fair gehandelte Produkte in ihr Sortiment aufnehmen und er merkt an, dass Kampagnen für fair gehandelte Produkte konventionelle Produkte in Misskredit brächten. Er stellt die Frage, wie überprüft werden kann, ob Produkte tatsächlich unter fairen Bedingungen hergestellt wurden. Hier ist auch der wirkliche Schwachpunkt des Buches, da sich hier eine – ebenso – fundierte Auseinandersetzung mit dem fairen Handel ergeben könnte, in der unter anderem auf die internationale Labelling Organization ILO, auf das FAIRTRADE Gütezeichen und auf das wachsende Segment der Konsumenten eingegangen werden könnte, die „die Geschichte ihrer Produkte“ kennen möchten.

Wäre dieses Buch ein Schulaufsatz, so könnte als kurzer Kommentar des Lehrers „Thema verfehlt!“ darunter stehen, eventuell auch noch die Ergänzung „der falsche Titel für das richtige Buch“. Diese Konklusio befällt einen, wenn man als Verfechter von FAIRTRADE und fairem Handel (es ist nicht das Gleiche), dieses Buch trotzdem kauft, um die Aussagen von jemandem zu kennen, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt. Eine erste Klärung entsteht dann, wenn man sich den  französischen Originaltitel „Commerce Inéquitable. Le roman noir des matières  premières“ übersetzen lässt und sich darin bestätigt fühlt, dass der übersetzte Titel nicht dem Original entspricht (z. Dt. „Ungleicher Handel. Das Schwarzbuch der Rohstoffe“). Der Originaltitel drückt viel besser aus, worum es in diesem gut recherchierten Buch geht.

Links:

 

Additional information